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Nutria, Waschbär und Marderhund Beliebt

Nutria, Waschbär und Marderhund

In Städten wie auch auf dem Land leben neue Wildtierarten. Einige wurden in den letzten 150 Jahren im Zuge der Pelztierzucht eingeschleppt. Sie kommen in unserer heimischen Natur unterschiedlich gut zurecht. Der Baustein stellt drei gebietsfremde Arten vor, die nicht nur niedlich sind.

Heimisch, aber nicht einheimisch

Tiere wandern über Land- und Wasserwege aus Nachbarländern ein, vorausgesetzt sie finden geeignete Bedingungen. So kehren ehemals heimische Arten wie der Wolf zurück oder nicht-heimische Tierarten (Neozoen) kommen aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu uns. Auch durch Handel und Tourismus finden Neulinge ihren Weg hierher. Sie gelten als „invasiv“, wenn sie das heimische Ökosystem gefährden. Invasive gebietsfremde Arten konkurrieren mit den heimischen Arten um Nahrung und Lebensraum, schleppen Krankheiten und Parasiten ein und verstärken bestehende Seuchen. Die Verpaarung mit heimischen Arten gefährdet deren Fortbestehen. Darüber hinaus wirken eingewanderte Insekten teilweise als Schädlinge in der Landwirtschaft.

Mammutaufgabe Artenschutz

Der Umgang mit diesen Arten erfordert vielfältige, gut abgestimmte Maßnahmen und eine genaue, fachkundige Beobachtung (Monitoring) – der neuen und der womöglich verdrängten einheimischen Tiere. Unsere heimischen Arten wie Dachs, Biber, Otter, Hermelin, Iltis und andere Marderarten müssen sich ihren Lebensraum mit Waschbär, Marderhund, Mink und Nutria teilen.

Im Sinne des Schutzes der biologischen Vielfalt sind die Länder per EUVerordnung seit 2004 verpflichtet, die einheimischen Arten zu erhalten. In Abstimmung mit Naturschutzverbänden werden die Fremdlinge u. a. intensiv bejagt. JägerInnen sind dazu ausgebildet gezielt in Wildtierbestände einzugreifen und gebietsfremde Arten eindeutig zu erkennen – das ist gar nicht so einfach.

Nutria – Störenfried im Wasser

Die Nutria, Biberratte oder auch Sumpfbiber genannt, erinnert auf den ersten Blick an unseren heimischen Biber. Sie trägt meist braune borstige Haare mit einem dichten graubraunen Unterfell. Charakteristisch sind die orangefarbenen, gut sichtbaren Nagezähne. Ihr Körper misst bis zu 50 cm Länge, der länglich runde, beschuppte Schwanz fast ebenso viel. Im Gegensatz dazu ist der Biber größer und sein Schwanz kellenförmig.

Die Nutria stammt aus Südamerika und wurde ab 1867 nach Europa zur Farmhaltung eingeführt. Seit 1933 kommt sie nachgewiesenermaßen auch im Freiland vor. Ähnlich wie der Fischotter lebt sie an Gewässern und bevorzugt Altarme von Flüssen, Buchten und stehende Gewässer. Fließgewässer mit angrenzenden Wiesen und Ackerflächen bieten ebenso einen Lebensraum. Gebiete mit andauernden Frostperioden und hohen Schneelagen kann sie nicht besiedeln.

Als Unterschlupf legen die Tiere mit ihren Familienverbänden in Gewässernähe meterlange Röhrensysteme mit einem Wohnkessel an. Sie fressen Wasserpflanzen und Ackerfrüchte (z. B. Rüben), selten stehen auch Schnecken und Würmer auf dem Speiseplan. Während Biber eher Lebensräume schaffen, verarmt die Ufervegetation, wenn die gefrässigen Nutrias am Werk sind: Brut- und Schutzräume von Vogel- und Fischarten verschwinden, die Uferbereiche verlieren ihre Stabilität. Seit 2016 ist die Nutria auf der EU-Liste der invasiven, gebietsfremden Tierarten aufgeführt und wird bejagt.

Waschbär unter Beobachtung

Das Fell des etwa katzengroßen Kleinbären ist langhaarig und schwarz-grau gefärbt. Er hat eine schwarz-weiß geringelte Rute (Schwanz) und die charakteristische schwarz-weiße Gesichtsmaske.

Ursprünglich ist der Waschbär vom südlichen Kanada bis nach Mittelamerika zu Hause. In Deutschland verbreitet er sich aus zwei Gebieten: Die erste Ansiedlung fand 1934 in Hessen zu jagdlichen Zwecken statt. Die zweite Population stammt von entkommenen Tieren aus einer Pelzfarm nördlich von Berlin aus dem Jahre 1945. Beide Populationen stehen mittlerweile in Kontakt und umfassen geschätzt 500.000 Tiere, 1.000 davon im Raum Kassel. Der Waschbär hat hierzulande kaum Feinde, außer den Straßenverkehr.

Als Lebensraum bevorzugt der Waschbär strukturreiche Laubwälder in Gewässernähe. Sie ruhen in Baumhöhlen oder verlassenen Dachs- und Fuchsbauen. Sie nutzen aber auch Schuppen und Dachböden, sind also Kulturfolger wie heimische Steinmarder. Siedlungen bieten den Allesfressern ein breites und leicht zu beschaffendes Nahrungsspektrum. Sie verspeisen je nach Jahreszeit Schnecken, Würmer, Fische, Frösche, Vögel, Eier sowie Nüsse und Obst. Ein Waschbär betastet diese vor der Mahlzeit ausgiebig. So sieht es bei der Suche an Gewässern aus, als würde er seine Nahrung waschen, daher sein Name. Er ist auf der EU-Liste der invasiven Arten, da er Amphibien, Reptilien und Vögel gefährdet, kleine lokale Populationen möglicherweise auslöscht. Er wird daher vor allem in Artenschutzprojekten intensiv bejagt.

Marderhund – im Versteckten weit verbreitet

Der Marderhund wird häufig mit dem Waschbären verwechselt, weil er ebenfalls eine dunkle Gesichtsbinde besitzt. Diese ist jedoch beim Marderhund zwischen den Augen unterbrochen und sein buschiger Schwanz ist nicht geringelt. Der Marderhund hat zudem ein mehr rot- bis schwarzbraunes Fell und gehört wie der Fuchs zu den Hundeartigen.

Der Marderhund, auch Enok genannt, stammt ursprünglich aus Fernostrussland und Asien. Zur Erweiterung der Pelztierfauna in der ehemaligen Sowjetunion wurden bis 1945 über 9.000 Tiere ausgesetzt, z. B. in der Ukraine. Von dort hat er sich in wenigen Jahrzehnten nach Nord- und Mitteleuropa ausgebreitet.

Er lebt sehr heimlich und nachtaktiv in Laub-(misch-)wäldern und Kulturlandschaften in Gewässernähe. Für die Aufzucht und Winterruhe nutzen die monogamen Enokpaare gerne alte Dachsbaue. Im Herbst frisst er sich große Fettreserven an. Als Allesfresser vertilgt er neben Kleinsäugern, Vögeln, Kröten und Insekten auch Aas und viel pflanzliche Nahrung wie Beeren, Eicheln, Obst und Mais. Wie Waschbär und Dachs ist der Marderhund eher Sammler als aktiver Jäger. Er jagt selbst aber auch und kann für isolierte, kleine Beutepopulationen zur Gefahr werden. Daher wird er streng kontrolliert.