forscher - Das Magazin für Neugierige: Ausgabe Europa Spezial
Das Heft „Magazin für neugierige Forscher“ erscheint seit 2011 zweimal jährlich und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) herausgegeben. Da Deutschland 2020 die Ratspräsidentschaft im Rat der Europäischen Union innehatte, wurde die vorliegende Ausgabe als Sonderausgabe aufgelegt. Laut Magazin richtet sich das Heft an Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren, die auf etwa 30 Seiten über unterschiedliche Themen rund um den europäischen Kontinent informiert werden. Die Hefte sind kostenfrei im PDF-Format downloadbar und werden in limitierten Stückzahlen auch an Schulen, Jugendherbergen, Museen und Unternehmen verteilt. So können die Lernenden in Pausen- und Freizeiten darauf zugreifen. Darüber hinaus ist es denkbar, die Materialien des Heftes im Regelunterricht oder in Arbeitsgemeinschaften einzusetzen.
Lernziele und Kompetenzen
Mit der Bearbeitung der Inhalte des Heftes haben die Schülerinnen und Schüler[1] die Möglichkeit vielfältige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, die sich auch in den curricularen Vorgaben der Bundesländer für das Fach Sachunterricht wiederfinden lassen. Insgesamt ist zu sagen, dass bereits durch den Perspektivrahmen Sachunterricht im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Perspektive vorgegeben wird, dass die Lernenden die politische Ordnung kennenlernen (TB SOWI 1). Das Magazin greift dies auf, indem es die EU unter verschiedenen Perspektiven beleuchtet. So wird beispielsweise zwischen der EU als Bündnis, dem geographischen Blick auf Europa, den Euro-Ländern, dem Schengen-Raum oder dem Zusammenschluss der UEFA unterschieden. Darüber hinaus wird die Toleranz und der Respekt gegenüber anderen Kulturen (DAH SOWI 5), im Fall des vorliegenden Heftes am Beispiel der Sprache oder dem Schulalltag gefördert. Auch die Selbstwahrnehmung der Kinder als aktive Konsumenten bedient das Heft (TB SOWI 4), indem es entlang des Flusslaufes der Donau Ursachen und Unterschiede der Verschmutzung aufzeigt.
Für die weiterführende Schule kann gesagt werden, dass das Fach Geographie/Erdkunde zumeist in der Klassenstufe 5/6 (z.B. Oberschule/Realschule Niedersachsen, Mittelschule Bayern), im Fach Politik/Sozialkunde ab der siebten Klasse (z. B. Gymnasium Sachsen-Anhalt) das Thema Europa und EU aus verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet. Dabei werden im geographischen Unterricht vordringlich (land-)wirtschaftliche Strukturen und Prozesse behandelt, im Politikunterricht primär sozialwissenschaftliche Lernziele gesetzt.
Aufbau und Analyse des Heftes
Das Magazin verfügt über eine einfache Heftung und besteht aus etwa 40 Seiten. Auf dem Deckblatt finden sich die Umrisse der EU-Staaten, die als Impulse im Unterricht genutzt werden können. Im inneren Einband richtet die Bundesbildungsministerin Karliczek einige Worte an die Leser. Zudem wird über kleine Bilder die Konzeption des Heftes erläutert sowie die Lösungen klein abgedruckt. Es folgt das Inhaltsverzeichnis, das bunt bebildert die Themen der Doppelseiten ausweist. Begonnen wird mit einigen statistischen Daten zur EU und zu Europa. Bereits hier wird zwischen beiden getrennt. Danach erfolgt die Erläuterung der verschiedenen Begriffe (EU, Europa, Euro, Schengenraum etc.). Daran schließt sich eine Doppelseite an, die die unterschiedlichen Sprachen in Europa an einem Beispielwort („Erde“) betrachtet. Im Text werden konkrete Erläuterungen zur Aussprache der Wörter gegeben. Die folgende Doppelseite zeigt ein Interview mit einer Statistikerin, die sich genauer mit Europa auseinandersetzt und sich mit Geburtenraten, Bevölkerungszahlen und anderen Inzidenzwerten befasst. Die nächsten Seiten zeigen mithilfe von vier Arten, der Hainschwebfliege, dem Luchs, der Küstenseeschwalbe und dem Europäischen Aal wie tierische Wanderungsbewegungen innerhalb und außerhalb Europas verlaufen. Nach der Rätsel- und Ausmaldoppelseite findet sich eine Anleitung, mit der man aus einem Smartphone ein Mikroskop basteln kann. In der Mitte des Heftes angekommen, lässt sich eine große Seite mit einer Karte auffalten, die sich intensiv mit der Donau und ihrer (Über-)Nutzung auseinandersetzt. Die folgende Doppelseite stellt erneut eine Bastelanleitung für ein Segelboot zur Verfügung, dem die Kinder mit einem Sticker einen entsprechenden europäischen Staat zuweisen können. Es schließen sich zwei Doppelseiten an, die das Schulleben und den Alltag unterschiedlicher Kinder in Europa skizzieren. Danach ist eine Quizdoppelseite angelegt, die mithilfe von Wahr-Falsch-Behauptungen Einblicke in die Forschung gegeben werden. Die nächste Doppelseite bietet eine Europa-Rallye an, bei der die Lernenden testen können, welcher Reisetypus sie sind. Es folgen zwei Seiten, die sich der Arktisexpedition der „Polarstern“ zuwenden und Informationen zur Mission und Besatzung des Schiffes geben. Die vorletzte Seite hält für die Kinder einen Comic bereit, während die letzte Seite vor allem auf die Ratspräsidentschaft Deutschlands und die Mitgliedsstaaten der EU eingeht. Auf dem Einband sind das Impressum sowie Förderer und Unterstützer abgedruckt.
Reflexion
Die Analyse des Heftes hat deutlich gemacht, dass es von Inhalt und Format die Zielgruppe klar anspricht. Lebensweltliche Inhaltsbezüge, bunte Bilder, eine motivierende Seitengestaltung und abwechslungsreiche Inhalte sind die zentralen Elemente, die die Lernenden zu dem Magazin greifen lassen. Wünschenswert wäre jedoch eine einheitlichere, übersichtlichere und strukturiertere Seitengestaltung, die zielführender für den Erkenntniserwerb ist. Besonders spannend sind für Kinder meist die Seiten, auf denen sie selbst handelnd tätig werden können. Dies sind in diesem Fall die Bastel- und Rätselseiten. Auch hier könnten die Bezüge zwischen den Heftseiten besser herausgearbeitet sein. Die Titelseite oder Poster zur Nutzung der Donau bieten zahlreiche Möglichkeiten, bei denen die Lernenden viel Neues entdecken können.
Die Texte sind auf den Rätsel- und Bastelseiten sehr kurz und zielführend. Sie enthalten Anweisungen, die die Lernenden bei der Durchführung und Ausführung der Aktivitäten unterstützen. Auf den anderen Seiten, die sich konkret mit den oben genannten Inhalten befassen, nehmen die Texte einen sehr großen Teil ein. Diese längeren Texte eignen sich besonders für geübte Leser. Oftmals finden sich in den Texten aber auch Unterstreichungen oder Umkreisungen, sodass wichtige Schlüsselbegriffe direkt herausgefiltert werden können. Dennoch könnten sie je nach Lerntypus auch verwirrend wirken. Die Seiten enthalten darüber hinaus Informationskästchen, Steckbriefe oder kleine Symbole, neben denen kurze Erläuterungen stehen. Besonders für schwache Leser bieten sie eine angemessene Hilfestellung und regen dazu an, sich mit den Themen zu befassen. Sprachlich ist das Niveau der Texte angemessen. Es wird überwiegend Alltagssprache und ein parataktischer Satzbau genutzt, der kurze Sätze forciert. Zentrale (Fach-)Begriffe wie Statistikamt, Klimawandel oder Nordhalbkugel werden jedoch vorausgesetzt und entsprechen nur eingeschränkt dem Wortschatz und den Kompetenzen der Leser. Wünschenswert wäre es, eine zielgruppenadäquatere Sprache zu verwenden. Dies könnte durch eine entsprechende didaktische Reduktion gelingen. Bildhafte Sprache wie Pinselohr oder schwarz-gelber Hubschrauber regen die Vorstellung an und unterstreichen die Aufmachung des Heftes.
Die Abbildungen sind ausgesprochen hochwertig und zeichnen sich trotz ihrer comic-artigen Aufmachung durch eine realistische Darstellung aus. Sie sind zielführend gewählt und erleichtern den Kindern den Zugang zu den Inhalten. Ergänzend werden Grafiken, einfache Schemata und Diagramme genutzt, die sehr gut passen, motivierend sind und Abwechslung bieten. Über diese Formen der Darstellung werden die schwächeren Leser zusätzlich unterstützt. Dennoch könnten diese zahlreichen Gestaltungselemente (Farben, Schriftarten, Unterstreichungen etc.) auf verschiedene Lerntypen unübersichtlich oder verwirrend wirken.
Fazit: das Heft zeichnet sich durch eine hohe Lebensweltorientierung sowie eine aktuelle Themenwahl aus. Das Gefallen und der Wunsch, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen, ist jedoch stark abhängig davon, welcher Lerntyp bei den Lernenden vorliegt. Beim Schmökern können die Kinder viel Neues entdecken, werden zum Handeln durch die Bastelanleitungen aufgefordert und angeregt, sich mit anderen Lebensräumen auseinanderzusetzen. Wünschenswert wäre, wenn sich die genutzte Sprache etwas mehr am Wortschatz der Zielgruppe orientiert, ein etwas einheitlicheres Layout gewählt werden und thematisch ein noch stärkerer regionaler Bezug Deutschlands unter Berücksichtigung der europäischen Perspektive fokussiert würde. Das könnte beispielsweise über unterschiedliche Produkte aus Deutschland für Europa wie Autos, Nahrungsmittel (Fleisch, Gemüse) oder medizinische Produkte gelingen.
[1] Im Weiteren findet zur Vereinfachung das generische Maskulinum Anwendung.
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