In Zukunft hitzefrei? - Das Jugendbuch zum Klimawandel
Bei dem Jugendbuch „In Zukunft hitzefrei?“ handelt es sich um ein erzählendes Sachbuch, dass 2020 erstmalig im oekom-Verlag erschienen ist. Es richtet sich an junge Leserinnen und Leser[1] ab zehn Jahren. Daher eignet es sich gut als Anschaffung für die Schulbibliothek in weiterführenden Schulen. Darüber hinaus können Auszüge aus dem Werk in den Fachunterricht, in Unterrichts- oder außerschulischen Projekten eingesetzt werden. Auch für (junge) Erwachsene bietet das Buch eine interessante und informative Möglichkeit, die komplexen Zusammenhänge rund um das Thema Klimawandel zu verstehen. Das Thema Landwirtschaft spielt immer wieder eine Rolle und wird im Kapitel 3.2 „Ernährung und Landwirtschaft“ direkt angesprochen.
Lernziele und Kompetenzen
Mit dem Arbeiten im Sachbuch können die Lernenden zahlreiche Kompetenzen erwerben, die sich in unterschiedlichen Lehrplänen wiederfinden. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist eine Querschnittsaufgabe aller Schulformen und Unterrichtsfächer. Ihre Umsetzung sollte nicht nur in den naturwissenschaftlichen Fächern, sondern auch in anderen sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern erfolgen und steht in engem Zusammenhang zum interkulturellen und globalen Lernen. Lehrplananalysen, welche vor allem die Curricula der Fächer Biologie, Geografie, Gesellschaftswissenschaften und Sachunterricht in den Blick nehmen, zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit überall eine hohe Relevanz besitzt (vgl. Hertema et al. 2019). Ein beispielhafter Blick in den Lehrplan für das Fach Sachunterricht im Bundesland Nordrhein-Westfalen offenbart, dass bereits in der Ausweisung der Ziele und Aufgaben des Faches BNE konkret benannt wird. In allen Kompetenzbereichen insbesondere in „Demokratie und Gesellschaft“, „Körper und Gesundheit“, „Natur und Umwelt“ und „Raum und Mobilität“ wird die Thematik der Nachhaltigkeit angesprochen, die sich auch in den Themenstellungen des Sachbuches wiederfinden. So wird unter anderem über nachhaltigen Konsum, nachhaltigen Verkehr oder gesunde Ernährung gesprochen.
Wichtig zu erwähnen ist jedoch, dass die Grundschule den Fokus eher auf allgemeine und übertragbare Gesetzmäßigkeiten legt. Die individuelle Perspektive und die entsprechende didaktische Reduktion der fachlichen Inhalte stehen bei der Vermittlung im Vordergrund. Erst in der weiterführenden Schule wird über konkrete Phänomene und Entwicklungen des Klimawandels gesprochen. Eine fachliche Einbettung, mit der die Vermittlung von Fachbegriffen und wissenschaftlichen Erkenntnissen einhergeht, findet erst in der weiterführenden Schule statt.
Aufbau und Analyse der Kapitel
Das Sachbuch liegt im Taschenbuchformat vor. Es steigt mit einem Deckblatt und einer Widmung ein. Danach folgt das Inhaltsverzeichnis, in dem die drei inhaltlichen Kapitel aufgelistet werden. Im Vorwort äußert der Autor seine Motivation, das Buch zu schreiben, und beschreibt dessen Produktionsprozess. Danach beginnt der erste Teil, der mit „Was ist mit dem Klima los?“ überschrieben ist, und in dem der Autor grundlegende Erläuterungen zum Klimawandel gibt. Zentrale Prozesse und Phänomene wie der Treibhauseffekt oder die Entstehung von Wärme auf der Erde werden erläutert. Danach wird die Rolle der Industrialisierung, Mechanisierung und der damit einhergehenden Verbrennung fossiler Energieträger thematisiert, bevor auf die Geschichte des Erdklimas und seine Entwicklung bis heute einschließlich möglicher Zukunftsszenarien eingegangen wird. Im zweiten Kapitel steht die Klimaforschung im Mittelpunkt und verfolgt die übergeordnete Fragestellung „Warum haben wir bisher so wenig getan?“. Dabei werden unterschiedliche Zugänge gesucht und Perspektiven eingenommen: Wissenschaft, Politik, Öffentlichkeit, Wirtschaft und Staaten. Internationale Abkommen wie das Pariser Klimaabkommen und übergeordnete Zielstellungen mit zugehörigen Schrittfolgen werden erläutert. Abschließend wird die deutsche Perspektive eingenommen und näher ausgeführt. Das letzte Kapitel („Was können wir gegen den Klimawandel unternehmen?“) widmet sich konkret den unterschiedlichen Bereichen, in denen etwas verändert werden muss, um dem Klimawandel entgegenzutreten. Zunächst geht es um Konsum und Konsumprodukte. Dabei wird das Modell des ökologischen Rucksackes vorgestellt, verschiedene Konsumarten reflektiert und ein Zusammenhang zwischen Konsum und Nachhaltigkeit hergestellt. Auch auf die Wirtschaft und den Wunsch nach einem permanenten Wirtschaftswachstum wird eingegangen. Der zweite Teil des Kapitels setzt sich mit Ernährung und Landwirtschaft auseinander. Die Bedeutung unseres Essverhaltens, alternative Ernährungsweisen und nachhaltige Landwirtschaft werden in einen Zusammenhang gebracht. Zudem wird die Lebensmittelverschwendung als Thema aufgegriffen. Im dritten Teil wird das Wohnen genauer betrachtet. Vor allem die Wärmegewinnung und die Dämmung sind dabei von Interesse. Der vierte Teil des Kapitels fokussiert auf die Stromerzeugung. Kernthemen sind hierbei die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien im Gegensatz zur Kernenergie. Hinzu kommen effizientere Elektrogeräte, die einen niedrigen Verbrauch haben. Im fünften Teil steht die Mobilität im Zentrum der Auseinandersetzungen. Klimafreundliche Fortbewegungsmittel und eine nachhaltige Infrastruktur sind dabei die Kernthemen. Der letzte Teil des dritten Kapitels widmet sich den Entscheidungen, die getroffen werden müssen, um eine Trendwende zu initiieren. Im Anhang werden „Klimatipps“ gegeben, die eine mögliche Entscheidungsfindung für oder gegen eine Verhaltensänderung unterstützen können. Außerdem findet sich dort ein kleiner Treibhausgasrechner, in dem der pauschale Verbrauch von Treibhausgasen in den genannten Bereichen für eine einzelne Person im Jahr aufgeführt wird. Das Stichwortverzeichnis erläutert zentrale Fachbegriffe mit Seitenverweisen. Das Buch schließt mit einer Danksagung und nützlichen Quellen- und Linkhinweisen.
Die einzelnen Kapitel des Sachbuches schließen jeweils mit einer kurzen Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte. Auf den Seiten sind unterschiedliche Materialien miteinander kombiniert: Texte, die mehrheitlich überwiegen, jedoch auch Illustrationen, welche die Sachverhalte zusätzlich veranschaulichen, und Infografiken oder statistische Darstellungen, die der vertiefenden Betrachtung dienen sollen.
Reflexion
Insgesamt lässt sich nach der detaillierten Analyse der Kapitel sagen, dass sie einheitlich, übersichtlich und schülergerecht gestaltet sind. Besonders hervorzuheben sind die altersgemäßen Illustrationen sowie die Zusammenfassungen am Ende jedes (Teil-)Kapitels, die das Wesentliche noch einmal zusammentragen.
Die Texte nehmen den größten Teil der Seiten ein. Sie nutzen überwiegend schülergerechte Sprache, verwenden jedoch verstärkt (Fach-)Begriffe und Wörter, die die Lernenden nicht aus ihrem Alltag kennen dürften (z. B. Marktstandards, Fäulnisprozesse). Vor allem für jüngere Kinder stellt dies ein Hindernis dar. Es ist daher erforderlich, dass die Lernenden zunächst eine Erläuterung – beispielsweise durch eine Lehrkraft – erhalten und die Inhalte vorher im Unterricht besprechen, bevor sie sich mit dem Buch auseinandersetzen. Ein weiteres Problem stellen die langen verschachtelten Sätze dar, durch die ungeübte und schwache Leser demotiviert werden könnten. Kürzere Sätze, die weniger fremde Begriffe enthalten, wären daher für die Zielgruppe sinnvoller. Bezüglich der Wortwahl soll noch hinzugefügt werden, dass gendergerechte Sprache (v. a. mit Gendersternchen) in Lehr-Lern-Materialien eher unüblich und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auch nicht lernförderlich ist (vgl. Oleschko et al. 2016, vgl. auch Budke & Kuckuck 2017). Außerdem werden in den Texten zur Landwirtschaft Begriffe wie „Kleinlandwirtschaft“ oder „Methanrülpser“ genutzt, die didaktisch falsch reduzieren und entsprechend fachlich nicht richtig sind. Hier müssen Lehrkräfte im Unterricht gezielt nachsteuern. Hinzu kommen Wertungen, die in den Darstellungen mitschwingen (z. B. „Leider hat die heutige Landwirtschaft sehr wenig mit unserem romantischen Bild vom Landleben zu tun…“ oder „Der Bauernverband nennt das nüchtern Strukturwandel…“) und dadurch ein verzerrtes Bild erzeugen.
Die Abbildungen und schematischen Darstellungen sowie die Diagramme sind übersichtlich, altersadäquat und zielführend ausgewählt.
Ein weiterer Aspekt ist der fehlende räumliche Bezug zur Lebenswelt der Lernenden. So wäre es passend, mit Beispielen aus dem Alltag der Kinder und Jugendlichen einzusteigen und auch auf deren Alltagsrealität zu verweisen. Regionale Beispiele oder Schilderungen von Kindern und Jugendlichen, die im Buch zu Wort kämen und von ihren Beobachtungen/Wahrnehmungen aus dem Alltag berichteten, wären ebenfalls passend gewesen und hätten das Gesamtbild aufgelockert.
Abschließend kann gesagt werden, dass das Sachbuch einen interessanten und sehr guten Beitrag für die Kinder und Jugendlichen leistet, die sich für die Thematik begeistern. Es werden gute Erläuterungen gegeben und viele Perspektiven mit eingebracht. Die qualitativ hochwertige und einheitliche Gestaltung der Seiten und die schülergerechte Bebilderung sind ausgesprochen gut gelungen. Als problematisch sind allerdings die Wortwahl, die Vielzahl an Fach- und unbekannten Begriffen zu bewerten. Hier muss ein gezieltes Vor- oder Nachsteuern der Fachlehrkraft erfolgen. Wünschenswert wären darüber hinaus stärkere räumliche Bezüge, die den Lebensweltbezug der Leser berücksichtigen.
[1] Im Weiteren findet zur Vereinfachung der generische Maskulin Anwendung.
Details Eintrag
- Alle