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Zweiseitige Entwicklungshilfe in der Landwirtschaft

Üblicherweise verstehen wir unter „Entwicklungshilfe“ die wirtschaftliche oder soziale Förderung von Menschen in Ländern, deren Volkswirtschaften und Gemeinschaftswesen weniger gut aufgestellt sind als beispielsweise in den Industriestaaten, die finanzielle oder materielle Hilfe leisten. So unterstützt Deutschland z.B. in 109 Ländern mehr als 8100 Projekte mit einem Volumen von insgesamt 62 Milliarden Euro. Gemessen an seiner Wirtschaftskraft liegt Deutschland mit seinen Entwicklungshilfeleistungen im Vergleich mit anderen europäischen Staaten auf dem vierten Platz hinter Luxemburg, Schweden und Norwegen.

Bei den 62 Milliarden Euro Entwicklungshilfe aus Deutschland handelt es sich jedoch nicht um das jährliche Hilfsbudget des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, bei dem die Entwicklungshilfe organisiert und verwaltet wird. Auch andere Ministerien wie das Auswärtige Amt sowie die Länder und Kommunen leisten Entwicklungs- oder humanitäre Hilfe (so wurden z.B. 2022 für die Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten aus Entwicklungsländern in Deutschland 4,6 Milliarden Euro ausgegeben).

Der Etat des Entwicklungshilfeministeriums beträgt aktuell 11,22 Milliarden Euro, was 2,35 Prozent des gesamten deutschen Bundeshaushalts entspricht. Die Fördersumme von 62 Milliarden Euro bezieht sich daher nach Angaben des Ministeriums auf die Gesamtsumme aller Vorhaben, die z.T. über Jahre laufen, und auch auf Kredite, die zurückgezahlt werden müssen. Von den deutschen Fördergeldern aus dem Staatshaushalt entfallen 6,11 Milliarden Euro auf Projekte in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei. Es ist damit der der drittgrößte Förderbereich, an dessen Spitze der Energiebereich mit 11,01 Milliarden Euro liegt.

Eines der Projekte, die vom Entwicklungshilfeministerium gefördert werden, ist das „International Young Farmers‘ Exchange Program“. Organisiert wird es von der Schorlemer Stiftung vom Deutschen Bauernverband e.V. Seit 75 Jahren realisiert die nach dem Gründer des ersten freien und unabhängigen Bauernverbands benannte Stiftung, Burghard Freiherr von Schorlemer-Alst, internationale Austauschprogramme. Begonnen hatte es mit mehr als 15.000 deutschen Agrarfachkräften, die sich mit Unterstützung der Stiftung im Ausland fortbilden konnten. Die dabei auf den Feldern in anderen Ländern erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten nutzten die Bauern nach ihrer Rückkehr in der heimischen Landwirtschaft.

Heute organisiert die Schorlemer Stiftung mit acht europäischen und fünf Übersee-Programmen einen internationalen Praktikantenaustausch. Dabei wird in den Gastländern mit verschiedenen Austauschorganisationen zusammengearbeitet. Die Programme bringen Agrar-Studenten, aber auch junge Landwirte für drei bis zwölf Monate auf landwirtschaftliche Gastbetriebe, wo sie ihre Kenntnisse in der Land-, Haus-, Pferde- und Forstwirtschaft erweitern und vertiefen können.

Einer dieser Praktikanten ist Shamiru Masego. Der Jungbauer kommt von einem landwirtschaftlichen Betrieb aus Uganda und bildet sich in Berlin am interdisziplinären Institut für agrar- und stadtökologische Projekte fort. Es gehört zur Humboldt-Universität und forscht an anwendungsorientierten Lösungen für Produkte und Verfahren; etwa in der Fermentation von Wurzelgemüse als Wurstersatz oder über den Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft.

In Masegos Heimat kümmert sich Berufskollege Hendrik Wallrichs um die Ankolerinder eines Gastbetriebs. „Diese Rasse unterscheidet sich in erster Linie durch ihr außergewöhnlich starkes Hornwachstum“, weiß der Agrar-Student aus Deutschland. Inzwischen hat er erfahren, dass „in den 1980er Jahren mit dem Zukauf und der Einkreuzung der Milchviehrasse „Holstein Frisian“ begonnen wurde, um die Milchleistung der Kühe zu verbessern.“

Das Austauschprogramm der Schorlemer Stiftung ist ein Beleg dafür, dass Entwicklungshilfe keine Einbahnstraße sein muss. Denn neben der persönlichen Weiterbildung diene das Programm auch einer nachhaltigen Entwicklung der Landwirtschaft, heißt es beim Deutschen Bauernverband. „Wir fördern außerdem das interkulturelle Verständnis für verschiedene Kulturen, die näher zusammenrücken und gemeinsame Herausforderungen bewältigen müssen“, so der stellvertretende Generalsekretär des Verbandes, Gerald Dohme.

Für den Botschafter der Republik Uganda, Stephen Mubiru, fördere das Austauschprogramm auch eine engere Zusammenarbeit der Partnerländer. Bei der Begrüßung einer Gruppe von Junglandwirten aus Uganda in Berlin, regte Mubiru seines Landsleute an, mit den in Deutschland erworbenen Kenntnissen und neuen Ideen in die Heimat zurückzukehren und das erworbene Wissen dort mit anderen Landwirten zu teilen.

In diesem Zusammenhang würdigte Patrik Simon die Aufgeschlossenheit und das „löbliche Engagement des Berufsstandes in der Entwicklungszusammenarbeit“. Der Geschäftsführer des i.m.a e.V., der Bildungsarbeit rund um landwirtschaftliche Themen betreibt, betonte: „Bauern und Bäuerinnen beteiligen sich damit aktiv, um Menschen in ihren Ländern bessere Perspektiven zu eröffnen.“ Die Gastfreundschaft auf den Bauernhöfen in Deutschland sei „ein wichtiger Beitrag zur Integration der Menschen im ländlichen Raum. Dies wird im gesellschaftlichen Diskurs leider nur zu selten beachtet.“

 

 

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